Hey & Willkommen,
es ist endgültig Herbst geworden in der norddeutschen Tiefebene, die Temperaturen sinken wieder ebenso schnell wie das Gas zum Heizen nicht verfügbar ist, die Speicher sind voll, heißt nichts anderes, als dass die Bankkonten der Gashändler und Spekulanten überquellen. Am Himmel herrscht rege Geschäftigkeit, die Kraniche fliegen in ihre Winterquartiere in den Süden, die Himars nach Osten in ihre angestammten Brutquartiere am Atomkraftwerk Saporischschja. Und in deutschen Parks und Gärten ertönt allerorten das liebliche Dröhnen der Liebeswerbung des Laubpustermännchens auf der Suche nach einem Laubpusterweibchen. Die zusammengetriebenen Blätter werden dann von Flüchtlingen zu Holzpellets gedreht oder gebügelt und als recycltes Klopapier weiterverkauft, ein knochenharter Saisonjob, also nix für uns verweichlichte Deutsche.
Was gibt es Besseres, um sich in der dunklen Jahreszeit die Zeit zu vertreiben als Podcasts zu hören, zum Beispiel unseren beliebt berüchtigten (Werbung Anfang) B&B Talk Podcast (Werbung Ende), für den es bald wieder neue Folgen gibt oder, einige werden es am Titel erraten haben, lohnt es sich vielleicht sogar einmal einen Ikea Lebenshilfe Podcast anzuhören? Schaun mer mal, wie man an der Küste so schön sagt.
Tauchen wir hinein in die Tiefen des Ikea Podcasts mit dem bezeichnenden Titel „Im Leben und daneben“. Also um was gehts, und wer führt uns durch das Leben daneben?
Guckst du hier : https://www.ikea.com/de/de/campaigns/ikea-podcast-im-leben-und-daneben-pub3c7ab5d1
„Psychologin Linda Leinweber und Moderator Tolga Akar wollen genau das herausfinden und tauchen in das Leben und die Geschichten spannender Gäste ein.“
… und weiter …
„Obdachlosigkeit. Spannend, berührend, mutmachend.“
Das fängt ja schon gut an, wir schnappen uns den Imbusschlüssel (umgangssprachlich für Innensechskantschlüssel mit Aussensechskantprofil ;o), teilweise auch einfach Inbus genannt) und schauen mal genauer nach. Nehmen wir nur einmal die Folge #8 :
„Felix ist Arzt und seit einigen Jahren als DocFelix auf Social Media bekannt. Seine Lieblingsthemen sind Ernährung, Sport und mentale Gesundheit. Über letzteres tauschen sich Linda und Felix in dieser Folge aus und dabei lässt uns der Doc tief in sein Wohnzimmer blicken – das mehr an ein Kinderzimmer erinnert. Doch genau darin liegt das Geheimnis, dass Felix zu mehr Gelassenheit und Selbstbewusstsein im Alltag verhilft. Obendrauf gibts noch richtig gute Stresskiller Methoden von Linda – der perfekte Mix um mal runterzukommen. “
Doc Felix zeigt uns sein geheimnisvolles Kinderzimmer und obendrauf gibts noch Stresstips, wie bei gefühlt Millionen anderer YouTube Lebenshilfe Kanäle auch, also weiter. In Folge #11 gehts um das Lieblingsthema der Generation Schneeflocke, Beziehungen:
„Toxische Beziehungen sind tückisch. Sie sind zermürbend, können krank machen und am Ende erkennt man sich selbst nicht mehr. Das Schwierigste ist, dass Menschen, die sich in einer toxischen Beziehung befinden, meistens um ihr Schicksal wissen und doch nichts daran ändern können. Warum das so ist und wie wird, sich aus dieser emotionalen Gefangenschaft zu befreien, erzählt Janine Isabel Chemnitz im Gespräch mit Linda Leinweber. Janine hat ihre toxischen Beziehungen als Sprungbrett zu mehr Selbstliebe und Selbstbewusstsein genutzt – und das spürt man!“
Zur Erklärung, toxische Beziehungen sind für die Generation Schneeflocke, wenn sie mit einem Partner zusammenleben, der sich noch einen gewissen Realitätssinn bewahrt hat. Und wie löst man diese toxische Beziehung? Gar nicht, man distanziert sich dann einfach regelmäßig vom Partner. Dazu Podcast #5 :
„Irgendwie will man immer gerade das, was man nicht hat. Wenn man Single ist, wünscht man sich nichts sehnlicher als eine/n Partner/in und kaum stecken wir wieder in einer Beziehung, wünschen wir uns Freiraum. Für dieses Problem gibt es eine Lösung: das LAT – Beziehungsmodell. Living apart together. Zusammensein und trotzdem nicht zusammen leben. Die Berliner Anni und Timo haben sich für dieses Modell entschieden und erzählen von den Ups and Downs, wo sie sich am meisten zu Hause fühlen und ob sie dieses Modell für immer leben wollen.“
Living apart together, auf deutsch Belanglosigkeit, ist also die Lösung für Partnerprobleme, statt „wir müssen reden“ „wir müssen uns distanzieren“. Eigenverantwortung und Respekt vor anderen Menschen sind old school, um mal in derselben hippen Sprache zu bleiben. Aber es gibt Hoffnung in Form von Podcast #15 :
„Jeder dritte Deutsche zwischen 18 und 65 Jahren ist Single. Tendenz steigend. Daher gehen Bestsellerautor Michael Nast und Moderatorin Linda Leinweber in dieser Folge der “Generation beziehungsunfähig” auf den Grund. Sind wir vielleicht zu egoistisch, zu karriereorientiert geworden, zu wenig geduldig? Sind wir weg, sobald uns etwas in der Beziehung nicht passt? Nicht bereit zu reden, uns verletzlich zu zeigen? Und wenn ja, warum ist das so? Im Interview geht es auch darum, inwiefern Therapie ein wichtiger Baustein sein kann, uns besser zu verstehen, unsere Muster zu entlarven und dadurch auch den passenderen Partner zu finden. Doch dafür braucht es Mut, hinzusehen. Bei und in uns selbst.“
Immerhin, ein Versuch des Verstehens und Ideen für Lösungsvorschläge, es ist noch nicht alles verloren. Aber auch andere Themen werden behandelt, für unseren gestressten Sven wäre Podcast #13 interessant:
„Wäsche waschen, kochen, saugen, Turnbeutel packen, Geburtstagsgeschenke besorgen und Arzttermine planen — manchmal haben wir das Gefühl, der Alltag frisst uns auf. Wo bleibt da Zeit für uns selbst? Mehr als die Hälfte der Frauen gibt an, dass ihr Stresslevel extrem hoch ist. Nur ein Drittel der Männer empfindet dasselbe. Psychologin, Autorin und Bloggerin Patricia Cammarata hat dieser alltäglichen Überforderung den Namen Mental Load gegeben und darüber das Buch “Raus aus der Mental Load Falle” geschrieben. Endlich brauchen wir uns nicht mehr verurteilen, wenn wir uns erschöpft und völlig erschlagen vom Alltag fühlen. Denn das ist die Realität, wenn wir unausgewogen und rund um die Uhr den Haushalt, Job und Kinder managen – egal, ob als Single oder in der Familie, sagt die Psychologin. Ihre wertvollen Tipps und Ideen, wie wir unseren Alltag stressfreier gestalten können, gibt sie in diesem Gespräch mit Linda Leinweber an uns weiter.“
Siehst du Sven, es ist ganz einfach, du brauchst dich nicht mehr selbst zu verurteilen, es ist die Realität, die Schuld ist. Also lehn dich zurück, genieß deinen Gurkentee und lass dir von deinem Hund die vorgewärmten Pantoffeln bringen und deine Zettelsammlung zerbeissen. Manchmal ist das Leben ganz einfach, man braucht nur eine gute Tasse Kaffee und 2 Millionen Euro.
Und wie sieht es mit brisanteren Themen aus? Auch hier enttäuscht der Podcast nicht, nur warum muss immer alles mit Beziehungen zu tun haben, so auch beim weltoffenen Podcast über den Ukrainekrieg im Podcast #6:
„Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine überfallen. Mit Bomben und Bodentruppen. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat es keine vergleichbare Militäraktion auf dem Kontinent gegeben. Seit Wochen fliehen Millionen Menschen aus der Ukraine, es ist die größte Flüchtlingsbewegung in Europa seit 1945. Auch Tanja ist geflohen, hat ihr Zuhause zurückgelassen und sich auf den Weg nach Deutschland gemacht. Manuel ist Opernsänger und hat ihr dabei geholfen. Das Theater Magdeburg hat für seine Hilfsaktion extra einen Bus zur Verfügung gestellt. Wie es Tanja in den vergangenen Wochen ergangen ist und was wir von ihr und Manuel lernen können, erfahrt ihr in dieser Folge.“
Nun gut, die (Kriegs)Geschichte sehe ich etwas differenzierter, aber ich bin wahrscheinlich auch nur ein Opfer russischer Propaganda. Wenn man, wie Tanja, in einem Land lebt, das seit 8 Jahren Krieg gegen einen Teil der Bevölkerung führt, dann ist man sicherlich versucht das zu verdrängen, weil es einem so unwirklich erscheint. Hier wird wieder Geschichte in Emotionen gepackt, um in vorausschauendem Gehorsam das notwendige Narrativ zu unterstützen, Einzelschicksale als (V)Erklärung für die wirkliche Geschichte, mit Krieg als dekorativem Hintergrund.
Des Weiteren gibt es noch einen Podcast zum obligatorischen syrischen Schlauchbootflüchtling (mit seiner Mutter!), über einen Gangster der jetzt Sozialarbeiter ist, einen Pfarrer der jetzt eine Pfarrerin ist, einem Obdachlosen der uns vom Überleben auf Hamburgs Strassen berichtet, und viel über Beziehungen, es wird kein Klischee ausgelassen. Eins kann man auf jeden Fall sagen, der Titel des Podcasts ist passend. Warum allerdings ein Möbelhersteller unbedingt einen Lebenshilfe Podcast bringen muss, erschließt sich mir nicht. Mich nerven schon die Lebenshilfetips unserer Politiker, die man befolgen soll, weil sie selber Beziehungsprobleme mit Russen und Amerikanern oder auch mit Polen haben; und oft auch mit ihren Bürgern. Hölzerne klischeehafte Lebenshilfetips von einem Möbelhaus muss ich dann nicht auch noch haben, entdecke bitte andere Möglichkeiten, liebes Ikea.
(Werbung Anfang) Da schau ich mir dann doch lieber eine der allseits beliebten B&B Talk Podcast Folgen an, jede Folge ein Überraschungsei, ohne das endlos Beziehungsprobleme gewälzt werden. TAT, Talking Apart Together, the Technik macht’s möglich. (Werbung Ende)
* * *
Das WARUM der Woche (Ein Service der B&B Lebenshilfe)
Warum konsumieren die Menschen alleine vorm Bildschirm endlos Lebenshilfe-Blogs, -Podcasts oder -Videos, anstatt einfach mal mit ihren Nachbarn zu schnacken, direkt, ohne Smartphone Apps?
Frage: sind die Sachen von IKEA auch wirklich CO2-frei? darüber wird in den Videos merkwürdigerweise gar nicht gesprochen.
;*) ..und ansonsten, fällt mir gerade ein, dass es irgendwann mal den Begriff der “Ausdifferenzierung der Gesellschaft” gab, der doch eigentlich auch nur die große Kontinuität der Entfremdung meinte und somit die Desorientierung in dieser zerhackstückten Weltgesellschaft der (erkenntnis-)blind gemachten Funktionssubjekte bzw. -objekte, von daher also, es geht voran, peú a peú und ganz natürlich.
Achja!.. der Imbusschlüssel ist eigentlich der Inbusschlüssel (falls nicht ein Schlüssel im Bus gemeint war?).