Leseprobe

Sven Böttcher Die Apotheker

Sven Böttcher Die Apotheker - mal anders gesehen

Sven Böttcher Die Apotheker : „Lieber Herr Adler“, sagte Hannes. „Ich verstehe Ihren Zorn. Aber es ist noch immer nicht illegal, Desinfektionsmittel zum Einkaufspreis abzugeben. Solidarität ist weiterhin nicht verboten, und ich zwinge Sie doch nicht, sich bei Ihrer Preisgestaltung nach mir zu richten.“

Das war natürlich glatt gelogen. Denn Hannes präsentierte sein Sterilium- und Maskenangebot höchst prominent direkt am Eingang seiner Apotheke, dekoriert mit „%“-Schildern in Neonfarben.

„Nein“, sagte Adler. „Es ist noch immer nicht verboten, sich und andere aus niederen Motiven zu ruinieren, da haben Sie recht. Aber das kann ja noch kommen, das Verbot.“

„Oh. Spekulieren Sie weiter darauf, dass mit Covid-20 alle nicht systemtreuen Apotheker eingesperrt werden?“
„Nein. Aber sicher wird man nicht vergessen, wer Verschwörungstheorien in die Welt gesetzt hat und Menschenleben gefährdet.“
„Man?“
„Man.“
„Mann, Mann. Die Partei oder die Stasi?“

Sven Böttcher Die Apotheker - Leseprobe 2

Adler hörte nicht auf zu lächeln. Auch Hannes hörte nicht auf zu lächeln. Aber er musste sich ein bisschen mehr Mühe als vorher geben. Normalerweise wich Adler ihm grimmig blickend aus, sofern sie sich zufällig trafen, einen Auftritt wie diesen hatte er Zeit ihrer Bekanntschaft nicht hinbekommen. Und ein Lächeln schon gar nicht.

Marianne Engler räusperte sich. „So, Hartmut, dann kutschiere doch bitte deine Mutter nach Hause, die Herren Gladiatoren müssen sich ja jetzt auch zurückstürzen in die Konkurrenzkampfarena.“
Lächelnd legte sie Hannes ihre Linke auf den Unterarm. „Und Sie grüßen bitte Ihre Frau, herzlich. Auch wenn sie
mir zuvorgekommen ist — ich kann sie wirklich gut leiden.“

Hannes und Adler nickten ihr und Hartmut zum Abschied zu. Hannes sah der tapferen Frau Engler zu, die Hartmut mit einer kleinen, aber eindeutigen Geste verbot, ihr beim Gehen behilflich zu sein. Er spürte Adlers Blick auf seinem Gesicht und sah hin.

Adler lächelte immer noch.
„Ich kann mir nicht helfen“, sagte Hannes. „Es hat was
von einem Schlaganfall.“

„Machen Sie sich mal keine Sorgen“, sagte Adler. „Jeden-
falls nicht um mich.“

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